Kundgebung zum Unabhängigkeitstag der Ukraine am 24.08.2023

Redebeiträge auf der Kundgebung

Rede von Prof. Thorsten Bonacker, Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung Marburg:

Sehr geehrte Mitglieder der ukrainischen Gemeinschaft, sehr geehrte Damen und Herren,

ich fühle mich sehr geehrt, zu Ihnen an einem solchen Tag sprechen zu dürfen. Herzlichen Dank für die Einladung und die Gelegenheit, mit Ihnen diesen Tag zu feiern.
Der 24. August 1991 ist ohne Frage ein Tag, der das Ende des russischen Imperiums markiert – ein Imperium, das unter der Flagge einer angeblich antikolonialen Sowjetunion weiter existierte und nicht nur die Ukraine, sondern auch die Bevölkerungen in den baltischen und zentralasiatischen Republiken unter das Diktat Moskaus stellte. Damit war für die Ukraine vor 32 Jahren Schluss!
Trotz zahlreicher darauf folgender Krisen und Kriege konnte man damals zumindest für kurze Zeit den Eindruck gewinnen, dass sich auf dem Gebiet der Sowjetunion das vollzieht, was wir in vielen anderen Gegenden der Welt im 20. Jahrhundert gesehen haben. Dass souveräne Staaten an die Stelle von imperialer und kolonialer Unterdrückung treten. Das setzt natürlich voraus, dass die ehemalige Kolonialmacht – wenn auch Zähne knirschend – diese Unabhängigkeit respektiert. Russland hat dies nie wirklich getan und hat bereits kurze Zeit danach offen Gewalt eingesetzt, um Kontrolle über Gebiete der ehemaligen Sowjetunion zu erhalten. Seit 2014 stellt es die ukrainische Souveränität und Integrität offen in Frage und hat ukrainische Gebiete unter Verstoß des Völkerrechts annektiert. Putin betreibt nichts anderes als die Wiederherstellung eines imperialen Russlands, das in seine Phantasie niemals aufgehört hat zu existieren. Allerdings zeugt dies von einem dramatischen Realitätsverlust, denn weder hat Russland die Mittel noch die Macht, sein Imperium wiederherzustellen. Alle Bemühungen, dies auch mit dem Mittel der Gewalt, mit Krieg und Terror zu erreichen, zerschellen an dem, was wir seit dem Februar letzten Jahres überall beobachten können: an der Solidarität mit der Ukraine und ihrem Kampf, die eigene Unabhängigkeit gegen die russische Aggression zu verteidigen!

den vollständigen Text der Rede finden Sie hier

Rede von Peter Reckling, Pulse of Europe Marburg:

Der Krieg in der Ukraine ist nicht nur Krieg in Europa, sondern auch gegen Europa. Gegen die Menschen in der Ukraine – das sind 40 Millionen Europäerinnen und Europäer – und gegen Europas Werte: Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit.
Wir von Pulse of Europe waren immer dann auf der Straße, wenn Europa in Gefahr war. Wenn Populisten in Mitgliedstaaten der EU zu nationalen Wahlen antraten und Europa von innen gefährdet war. Jetzt wird Europa von außen angegriffen, mit Raketen und Panzern!
Vitali Klitschko, Bürgermeister von Kiew: „Hier in der Ukraine wird die Demokratie verteidigt. Hier in der Ukraine wird Europa verteidigt.“
Aufnahme der Ukraine in die EU?
Die Ukraine hat den Kandidatenstatus zur Aufnahme in die EU seit Juni 2022 – zusammen mit weiteren Staaten, wie Moldawien. Aber auch Staaten auf dem Balkan, der Türkei und Georgien sind Beitrittskandidaten – in der Regel schon seit vielen Jahren.
Politische Kriterien sind: Institutionelle Stabilität, demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz der Minderheiten. Zur Rechtsstaatlichkeit gehört natürlich auch die Bekämpfung von Korruption.
Der Überfall auf die Ukraine und die deutlich werdende imperiale Politik der russischen Regierung verändert die Lage in der EU: die Aufnahmen der Länder auf dem Balkan und Osteuropa sind strategisch wichtig, um dem Einfluss der aggressiven imperialen Politik Russlands entgegen zu wirken.

den vollständigen Text der Rede finden Sie hier

Rede von Hubert Kleinert, Sprecher der Initiative Zeitenwende Marburg:

Liebe Marburgerinnen und Marburger, liebe ukrainischen Freunde,
wir sind hier zusammengekommen, um gemeinsam mit unseren ukrainischen Freunden den 32. Jahrestag der ukrainischen Unabhängigkeit zu begehen. Genau 32 Jahre ist es her, dass das das Parlament der damals noch bestehenden ukrainischen Sowjetrepublik beschlossen, den Weg in die staatliche Unabhängigkeit zu gehen. Am 1. Dezember 1991 haben die Ukrainer diesen Weg in einer Volksabstimmung bestätigt.
Vor 32 Jahren war vielen in Deutschland nicht klar, wohin der Weg einer selbständigen Ukraine führen würde. Wie überall im Westen gab es große Ängste, was wohl nach dem staatlichen Zerfall der Sowjetunion geschehen würde. Chaos, Krieg, gewaltige Flüchtlingsströme, Weitergabe von Atomwaffen an Terroristen – so etwa waren die Befürchtungen.
Alles das ist ja zunächst nicht eingetreten. Und als im Dezember 1994 jenes Budapester Memorandum unterschrieben wurde, in dem Russland, die USA und Großbritannien gemeinsam die Unabhängigkeit und staatliche Integrität der Ukraine garantiert haben, da sah es so aus, als seien die Voraussetzungen für eine friedliche Entwicklung der Ukraine und für eine partnerschaftliche Beziehung mit den russischen Nachbarn gegeben.
Spätestens seit 2014 wissen wir, dass die heutigen Machthaber in Moskau die russische Unterschrift von 1994 nicht mehr interessiert. Für Putin ist das Budapester Memorandum nur ein Fetzen Papier. Mit der Annexion der Krim und dem kaum verhüllten Angriffs Russlands in der Ostukraine im Frühjahr 2014 war eigentlich bereits klar, dass das russische Bekenntnis zur staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine und ihrer staatlichen Integrität nicht mehr existierte. Und Putin selbst hat ja viele Male vor 2022 bereits gesagt und geschrieben, dass es eine ukrainische Nation eigentlich gar nicht gäbe. Wir hätten im Westen damals schon genauer hinhören sollen und hinhören müssen.

den vollständigen Text der Rede finden Sie hier